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04.03.2020

Forschungen an den Gräbern an der Fallward: Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert umfangreiche Untersuchungen an spätrömischen Grabfunden aus Wremen (Land Wursten)

Interdisziplinäre Untersuchungen versprechen umfangreiche neue Ergebnisse zur Gesellschaft des Wesermündungsgebietes

Nördlich der Wurt Fallward bei Wremen konnten im Rahmen mehrerer Grabungskampagnen in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts durch die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Cuxhaven rund 200 Urnen-, Brandschüttungsgräber, Brandgruben und etwa 60 Körpergräber eines zwischen 300 n. Chr. und der 2 H. des 5. Jh. n. Chr. belegten Friedhofes freigelegt und dokumentiert werden. Einige dieser Körpergräber waren tief in die kleihaltigen Schichten des Strandwalls der Außenweser eingegraben worden, so dass sie durch hervorragende Erhaltungsbedingungen für organische Materialien geprägt sind.

In sechs dieser Bestattungen haben sich neben den Skelettresten der beigesetzen Personen auch hölzerne Grabeinbauten sowie vollständige Beigabeninventare u.a. aus Holz und vielschichtige Textilien sowie zahlreichen pflanzlichen Materialien erhalten. Dazu gehören auch ein in im Alten Europa einzigartiger mit Kerbschnitttechnik verzierter Klotzstuhl – der aus der Marsch – und ein mit einer Jagdszene verzierter und einer Runeninschrift versehener Fußschemel, die in der in- und ausländischen Forschung großes Interesse gefunden haben.

Durch den hervorragenden Erhaltungszustand dieser Fundensembles bieten sich die für den nordwestdeutschen Raum einmalige Möglichkeiten, die Bestattungskultur und -traditionen eines im Barbaricum gelegenen spätantiken Siedlungsraums zu studieren und zu rekonstruieren, dessen Bewohner sowohl enge Kontakte ins spätrömische Reich als auch nach Skandinavien und auf die Britischen Inseln besaßen.

Die wesentlichen Ergebnisse der Grabungen wurden in zahlreichen Vorträgen im In- und Ausland vorgestellt und Exponate zu überregionalen Ausstellungen zur Verfügung gestellt. Die Funde bilden einen bedeutenden Schwerpunkt in der archäologischen Ausstellung im Museum Burg Bederkesa.

Die detaillierte Veröffentlichung und Analyse dieser Gräber, aber auch des gesamten Gräberfeldes, ist bis heute ein Desiderat der archäologischen und textilarchäologischen Forschung.

In einem ersten, auf eine Laufzeit von drei Jahren konzipierten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit erheblichen Mitteln geförderten Forschungsvorhabens, das am Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung (Wilhelmshaven) angesiedelt ist, sollen zunächst die überdurchschnittlich gut erhaltenen Gräber detailliert und unter Anwendung eines Methodenkanons, insbesondere aus der Textilarchäologie, Dendrochronologie, Anthropologie, Paläogenetik und Paläobotanik analysiert werden. Beteiligt sind dabei Wissenschaftler des Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung, der Universität Kiel, der Akademie für bildende Künste, Stuttgart, der Universität Kopenhagen, des Royal Institute for Cultural Heritage, Brüssel, und aus Braunschweig.

Ziel des Projektes sind dabei nicht allein Untersuchungen zur detaillierten Rekonstruktion der einzelnen Grabbefunde, also der gesamten Ausstattung, sondern auch eine möglichst lückenlose Rekonstruktion des genauen Ablaufes des Bestattungsrituals bzw. –rituale, um so erstmals auch zuverlässige Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Organisation der Bestattungszeremonien gewinnen zu können.

Christina Peek M.A., Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Wilhelmshaven
Matthias D. Schön M.A., ehem. Archäologische Denkmalpflege und Museum Burg Bederkesa, Landkreis Cuxhaven

Autor/in: PresseInformationsDienst des Landkreises Cuxhaven