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Die Situation von Kindern psychisch kranker Eltern

Ausgangspunkt ist, dass die Kinder und Jugendlichen ein Zuhause haben und Eltern, die für sie da sein wollen. Ein Elternteil kann aufgrund einer psychischen Erkrankung besonderer Unterstützung bedürfen. Das trifft in besonderem Maße die Mütter. In Phasen krisenhafter Zuspitzung fallen sie als betreuende Personen oftmals vollständig aus. Aufgrund ihrer Erkrankung können sie unzuverlässig, widersprüchlich oder für Außenstehende unverantwortlich handeln.

Die Situation von Kindern psychisch kranker Eltern erläutert die Metapher des „Kleinen Prinzen“ mit unübertroffener Aussagekraft. Antoine des Saint-Exupéry hat mit dem „Kleinen Prinzen“ ein Märchen geschrieben, das von dem Traum der verlorenen Kindheit handelt. Zentral ist darin die Metapher von der Rose. In verschlüsselter Form spricht hier ein Kind von einem Menschen, den es über alles liebt, von seiner Mutter. Die harmlose Frage des kleinen Prinzen lautet: „Warum hat die Rose Dornen?“ Die weit reichende Bedeutung dieser Frage führt zu einem Problem: „Warum kann die liebreiche Mutter so stechend, so verletzend, so voller Widerhaken sein?“ – Der kleine Prinz wird seine Rose, seine Mutter, gegen seine eigenen Wahrnehmungen verteidigen. Er wird ihr Generalamnestie für die mütterlichen Dornen erteilen mit der Begründung, seine Mutter sei nur schwach, arglos, unbeschützt und hilflos. Er selbst, der kleine Prinz, wird daher auf sie Acht geben, sie umsorgen und behüten.
(Eugen Drewermann, 1992)

Für die Kinder und Jugendlichen ist das wechselhafte Verhalten der erkrankten Mutter oder des erkrankten Vaters oftmals nicht zu verstehen. Häufig haben die betroffenen Kinder und Jugendlichen niemanden, mit dem sie offen über ihre Situation sprechen können, über ihre Empörung, über ihren Zorn, über ihre Hilflosigkeit. Phantasien von Schuld und Bedrohung können sie belasten, weil sie glauben, dass ihr eigenes Verhalten die Mutter oder den Vater in diesen Zustand gebracht hat. Sie haben häufig das Gefühl, sie müssten ihre Erfahrungen verbergen oder verleugnen, um sich selbst oder ihre Eltern davor zu schützen, abgelehnt oder gar moralisch verurteilt zu werden. Sie übernehmen häufig in besonderem Maße Verantwortung für die Situation und kümmern sich deshalb um den Haushalt, das Einkaufen, die Versorgung kleinerer Geschwister, sie „funktionieren“ wie ein Erwachsener und bekommen dafür selten die angemessene Anerkennung. Ihre eigenen Bedürfnisse und altersgemäßen Ansprüche geraten leicht in den Hintergrund, die Kinder verlernen geradezu, ein Kind zu sein.

Die Verwundbarkeit bei belasteten Kindheitserfahrungen verlangt geradezu nach einer geeigneten Antwort der Jugendhilfe. Patinnen und Paten können verlässliche Bezugspersonen sein, die – vor allem in Zeiten einer akuten Krise – Schutz und Sicherheit geben, bei denen die Kinder in vertrauter Umgebung unbeschwert Kinder sein dürfen.

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