Seiteninhalt

Der  Verfahrensbeistand – („Anwalt des Kindes“)

Gesetzliche Grundlagen: Am 01.09.2009 trat im Familienrecht – „Kindschaftssachen“ ein neues Verfahrensrecht in Kraft, welches die Rechte der Kinder stärkt und die Bezeichnung „Verfahrenspfleger“ in „Verfahrenbeistand“ änderte.

§ 158 Verfahrensbeistand
(hier nach der letzten Gesetzesüberarbeitung von Feb. 2013 zitiert )

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.

(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich,

  1. wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht , 
  2. in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuches, wenn die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge in Betracht kommt,
  3. wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
  4. in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben, oder
  5. wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.

Aufgaben des Verfahrensbeistandes

Der Verfahrensbeistand soll die Interessen des Kindes im Gerichtsverfahren unabhängig wahrnehmen.

Aufgabe ist,

  • die Befragung des Kindes nach dessen Wünschen und Interessen durch behutsame, respektvolle und vertrauliche Befragung;
  • die Abwägung/Prüfung, ob diese mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren sind und sich dabei am Alter und Entwicklungsstand des Kindes zu orientieren;
  • das Kind über den Sachgegenstand zu informieren und ihm mögliche Folgen des Verfahrens kindgerecht zu erklären. Dem Kind muss erklärt werden, dass die Entscheidung ausschließlich bei der /dem Richter/in liegt, wenn es zwischen seinen Eltern keine Einigung gibt. Dem Kind soll dabei vermittelt werden, dass neben seinen Wünschen auch wichtige Gesichtspunkte für seine weitere Entwicklung berücksichtigt werden müssen;
  • die Vorbereitung und Begleitung der richterlichen Anhörung;
  • das Einbringung von alternativen Vorschlägen z. B. bei Unterbringungs- oder freiheits-entziehenden Maßnahmen;
  • schriftliche und/oder mündliche Stellungnahme gegenüber dem Gericht, wobei die Wünsche, der Wille, die Ängste und Befürchtungen des Kindes, sowie seine psychische und mentale Befindlichkeit dargestellt werden sollen. Es ist notwendig auf den Verdacht von bewusster oder auch unbewusster Beeinflussung eines Elternteils oder der unbewussten Anteile des Kindes in Loyalitätskonflikten hinzuweisen. Diese Hinweise im Verfahren sind Informationen an andere Fachkräfte, die sich um die weitere Klärung des Kindeswohls kümmern. Sie können auch Grundlage zur Anregung eines Sachverständigengutachtens sein.

Eine weitere sehr wichtige Aufgabe ist es, Vorschläge zu einer einvernehmlichen Regelung zu machen. Dies bedeutet, die Problematik des Kindes und mögliche psychische Folgebelastungen zu erklären und den Beteiligten die Wichtigkeit der Deeskalation des Konfliktes zum Wohle des Kindes nahe zu bringen.

Der Verfahrensbeistand ist das Sprachrohr für das Kind und somit parteiisch. Er kann Anträge stellen und Rechtsmittel für das Kind einlegen.

Wenn das Gericht es für erforderlich hält, wird bei der Bestellung des Verfahrensbeistandes ihm die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen zu führen.

Ablauf

  • Der Verfahrensbeistand wird vom Gericht bestellt. Anregungen können von den Eltern, dem Jugendamt, von RechtsanwältInnen u. a. gemacht werden.
  • Eine Bestellung soll unterbleiben, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt oder einem andere geeigneten Verfahrensbevollmächtigten sachkundig vertreten werden.
  • Die Bestellung endet mit dem Abschluss des Verfahrens, der Rechtskraft des Verfahrens oder der Aufhebung.

Ausbildung und Qualifikation des Verfahrensbeistandes

Das Gesetz schreibt keine bestimmte Qualifikation vor. Auch Personen, zu welchen das Kind eine besondere Vertrauensbasis hat, können als Verfahrensbeistand benannt werden.
In der Regel haben Verfahrensbeistände

  • ein abgeschlossenes sozialpädagogisches, pädagogisches, psychologisches oder juristisches Studium.
  • mehrjährige Berufserfahrung
  • und auch eine Weiterbildung als Verfahrensbeistand bei einem anerkannten Institut ist wünschenswert.

Als „Wesentliche Fähigkeiten“ zur Profession des Verfahrensbeistandes werden in der Fachliteratur folgende Fähigkeiten genannt

„Empathie, eigenes Erleben mit Kindern, die Fähigkeit zur nonverbalen Kommunikation und deren Interpretation und allgemeine Lebenserfahrung. Zusätzlich sind Fachkenntnisse im Familienrecht, Jugendhilferecht und Familienverfahrensrecht notwendig. Sie sind jedoch von untergeordneter Bedeutung, da es im gerichtlichen Verfahren schon viele rechtskundige Personen gibt.“