Die Arbeit der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern des Landkreises Cuxhaven im Rahmen der „Geestländer Praxis“
Ziele der Beratung nach Trennung/Scheidung
Beratungsziel ist es vordringlich, tragfähige Lösungen für die Zukunft zu entwickeln und nicht zwingend Konflikte aus der Vergangenheit aufzuarbeiten. Die getrennt lebenden Eltern sollten in der Lage sein bzw. in die Lage versetzt werden, nach einer Lösung zu suchen, welche die Interessen der Kinder und des anderen Elternteils berücksichtigt.Beratung aufgrund einer Empfehlung oder einer Anordnung des Familiengerichts
Das Familiengericht kann getrennt lebenden Eltern das Aufsuchen der Beratungsstelle empfehlen. Es kann diese aber auch dazu verpflichten oder anordnen, dass sie ihre Elternverantwortung wahrnehmen und mit Hilfe von Gesprächen in der Beratungsstelle Lösungen bezogen auf die Sorge und den Umgang mit ihren Kindern erarbeiten. Dies gilt besonders dann, wenn bei der Umgangsgestaltung bisher kein Einvernehmen zu erzielen war oder wenn ein oder mehrere Kinder scheinbar ohne nachvollziehbaren Grund keinen Umgang mehr mit einem Elternteil haben.
Hilfreich für einen zügigen Beginn der Beratung ist es, wenn die Mutter und der Vater vom Familiengericht schriftlich aufgefordert werden, sich telefonisch in der Beratungsstelle anzumelden und bereits darauf hingewiesen werden, dass es oft sinnvoll sein kann, vor der gemeinsamen Elternberatung ggf. ein Einzelgespräch zu führen.
Ein Beratungsgespräch kann aber erst dann vereinbart werden, wenn das neueste Sitzungsprotokoll des Familiengerichtes vorliegt. Im Sitzungsprotokoll des Familiengerichtes, das der Beratungsstelle zugeschickt wird, sollten bereits erste Ziele als Orientierung für die Eltern formuliert sein. Auch sollte daraus hervorgehen, dass beide Kindeseltern damit einverstanden sind, dass die zuständige Fachkraft der Beratungsstelle mit dem Kind oder den Kindern sprechen darf, wenn dies erforderlich erscheint. Schließlich sollten die Eltern darin auch ihr Einverständnis mit einem möglichen Bericht der Beratungsstelle an das Familiengericht erklären, sobald die Beratung endet.
Alle (!) anhängigen Gerichtsverfahren müssen während der Beratungsarbeit ruhen. Die Beraterin bzw. der Berater kann ohne Zustimmung beider getrennt lebender Elternteile vor Gericht nicht gehört werden.
Ruft ein Elternteil während der Beratungsphase neuerlich das Familiengericht an, wird dadurch die Beratung unterbrochen bis ein neues Sitzungsprotokoll des Gerichtes in der Beratungsstelle vorliegt.
Eine Woche nach Beendigung der Beratungsgespräche mit den Eltern bekommt das Familiengericht einen Bericht, wenn es sich bei der Beratung nicht nur um eine Empfehlung des Gerichtes gehandelt hat. Darin wird über den Beratungszeitraum, die Anzahl der Gespräche und die Gründe einer evtl. vorzeitigen Beendigung der Elterngespräche berichtet.
Die Inhalte der Beratungsarbeit sind vertraulich und werden nicht in das gerichtliche Verfahren eingebracht. Wurde bereits eine erneute Verhandlung vor Gericht terminiert, sollten die Eltern ihre Vereinbarungen und Beratungsergebnisse selbst vor dem Gericht vortragen.
Gutachterliche Stellungnahmen gehören nicht zu den Aufgaben der Beratungsstelle.
Besonders schwierige Beratungskonstellationen können den Beratungserfolg beeinträchtigen. Diese können sich z.B. vor dem Hintergrund eines hohen Konfliktniveaus zwischen den Eltern, Gewalterfahrungen, psychischen Erkrankungen, Suchtmittelabhängigkeit usw. abbilden.
Arbeitsweise der Beratungsstelle
In Einzelgesprächen geht es darum,
- die Familien- und Trennungsgeschichte beider Eltern zu verstehen,
- den Belastungsgrad der von der Elterntrennung betroffenen Kinder einzuschätzen,
- eine erste Abschätzung des Konfliktniveaus vorzunehmen, um die weitere Beratung entsprechend darauf abzustimmen,
- die Gründe für die Kommunikationsschwierigkeiten der Eltern und mögliche Beratungsziele zu erörtern,
- ein erstes gemeinsames Elterngespräch vorzubereiten,
- zu prüfen, ob es sinnvoll ist, vor dem ersten Elterngespräch mit dem Kind (oder mit einem der Kinder) zu sprechen.
In gemeinsamen Elterngesprächen geht es darum,
- wieder miteinander ins Gespräch zu kommen, z.B. über Interessen und Stärken der Kinder, über Freizeitgestaltung mit den Kindern sowie über die Frage, wie Mutter und Vater ihre Kinder bei Entwicklungs- oder Verhaltensschwierigkeiten oder bei Schulproblemen unterstützen können,
- Dynamiken in der Kommunikation und im Umgang der Eltern miteinander aufzuzeigen und zu verändern,
- Hindernisse in der Kommunikation zu beseitigen, um die gegenseitigen Bedürfnisse wahrnehmen zu können,
- angemessene und damit für das Kind weniger belastende Kommunikationsformen zwischen den Eltern bei der Übergabe des Kindes oder beim Informationsaustausch zu finden. Dabei sollen Streit und Eskalation vermeiden werden oder praktikable Formen der Mitteilung entwickelt werden,
- tragfähige Umgangsabsprachen für den Alltag, für die Ferien und zu besonderen Anlässen wie z. B. Geburts- und Feiertagen zu fördern und zu reflektieren,
- Wege zum Austausch wichtiger Informationen zu finden, die der andere Elternteil erfahren sollte, z.B. Erkrankungen und ärztliche Behandlungen, Zeugnisse, Mitteilungen über Elternsprechtage, wichtige Termine usw.,
- die Eltern für das Erleben und die Bedürfnisse der Kinder zu sensibilisieren.