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09.03.2006

Maßgeschneiderte Lösungen, kürzere Verfahren,
weniger Aufwand,

Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung „Öffentliche Aufgaben sollen so zeitnah und sachgerecht wie möglich, ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand und ohne lange Verfahren wahrgenommen werden“ so steht es in der Begründung des Gesetzes zur Erprobung erweiterter Handlungsspielräume in Modellkommunen (Modellkommunen-Gesetz).

Durch dieses Gesetz, das am 01.01.2006 in Kraft getreten ist, soll ausprobiert werden, ob sich dieses Ziel durch neue Lösungsansätze erreichen lässt. Es sind vor allem drei neue Lösungsansätze: Das Land beschränkt sich in vielen Fällen darauf, den Kommunen Ziele und Rahmen vorzugeben; das Land vertraut darauf, dass sowohl Kommunen wie auch die Bürger und Bürgerinnen rechtmäßig handeln und verzichtet deshalb auf eine vorherige Genehmigung von Maßnahmen; die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie der Landkreis entscheiden selbst darüber, wer für die Wahrnehmung der Aufgabe zuständig ist.

Zielvorgaben

Ziele können auf vielfältige Art und Weise erreicht werden. Welcher Weg der günstigste ist, hängt immer von den Rahmenbedingungen ab, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort bestehen. Damit diese zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden können, ist es notwendig, dass die Entscheidung über den richtigen Weg vor Ort getroffen wird.
Bisher hat das Land zentral entschieden, wie und durch welche Maßnahmen ein gesetzgeberisches Ziel erreicht werden soll. Um z.B. das Ziel zu erreichen, Kindern ausreichende und angemessene Möglichkeiten zum Spielen zu bieten, wurde im Spielplatzgesetz genau geregelt, wann und wo ein Spielplatz zu errichten ist und wie er beschaffen sein muss. Die Verpflichtung, einen Spielplatz zu errichten und zu unterhalten besteht danach auch dann, wenn in dem entsprechenden Wohngebiet überhaupt keine Kinder in der entsprechenden Altersgruppe wohnen oder nicht mehr wohnen. Für die Modellkommunen ist dieses Gesetz nunmehr aufgehoben worden. Das bedeutet aber nicht, dass keine Spielplätze mehr errichtet werden. Vielmehr haben die Kommunen zu entscheiden, ob und in welcher Form ein Spielplatz erforderlich ist.

Dies Beispiel macht auch deutlich, dass durch das Modellkommunen-Gesetz Vorschriften nicht einfach nur gestrichen werden. Der neue Ansatz des Modellkommunen-Gesetzes ist es vielmehr, dass die Kommune nicht nur die Möglichkeit, sondern sogar die Pflicht hat, selbst zu entscheiden, durch welche Maßnahmen ein gesetzgeberisches Ziel erreicht werden soll. Hierzu einige weitere Beispiele: Wie können z.B. die Interessen der Mitarbeiter unter Beteiligung des Personalrates auch dann angemessen berücksichtigt werden, wenn der Personalrat bei bestimmten Einzelmaßnahmen nicht mehr mitwirken muss. Wie können rechtmäßige Zustände auch dann gewährleistet werden, wenn z.B. die Teilung eines Grundstücks nicht mehr im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geprüft wird. Wie kann ein angemessener räumlicher Standard der Kindertagesstätten erreicht werden, ohne dass diese Standards durch das Land vorgeschrieben werden.
Das Modellkommunen-Gesetz eröffnet den Modellkommunen die Möglichkeit, maßgeschneiderte Alternativen zu den bisherigen gesetzlichen Regelungen zu entwickeln. Sie sind davon überzeugt, dass gerade die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten dazu führt, die Verfahren zu beschleunigen, die Bürger und die Wirtschaft geringer zu belasten und den eigenen Aufwand zu reduzieren.

Vertrauensverhältnis

Der neue Lösungsansatz des Modellkommunen-Gesetzes, dass das Land lediglich Ziele vorgibt, bedeutet, dass das Land darauf vertraut, dass die Modellkommunen mit allem Nachdruck versuchen werden, diese Ziele zu erreichen. Der Gesetzgeber und die Landesregierung vertrauen darauf, dass die Kommunen am besten wissen, wie und durch welche Maßnahmen sie diese Ziele erreichen können und dass sie diese Maßnahmen auch durchführen. Aber nicht nur die Beschränkung auf Zielvorgaben ist ein Zeichen für das Vertrauen. Auch der Verzicht auf vorherige Genehmigung von Maßnahmen ist Ausdruck des neuen Lösungsansatzes: Vertrauen statt Misstrauen. Eine Genehmigung dient dazu, vor Ausführung einer Maßnahme zu überprüfen, ob sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Beispielsweise darf ein Grundstück nur dann geteilt werden, wenn auch die neuen Grundstücke den baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Das Modellkommunen-Gesetz verzichtet nun auf die Genehmigung einer solchen Teilung. Dies bedeutet, dass der jeweilige Grundstückseigentümer nach wie vor bei der Teilung seines Grundstückes die baurechtlichen Vorschriften beachten muss. Er muss nur nicht mehr die Rechtmäßigkeit der Teilung von der Behörde überprüfen lassen. Der Gesetzgeber vertraut also dem Bürger dahingehend, dass dieser auch ohne Genehmigungspflicht das Grundstück nur so teilt wie es nach den rechtlichen Vorschriften zulässig ist. Durch dieses Vertrauen, dass ihm vom Land entgegengebracht wird, kann der Bürger die Teilung seines Grundstückes schneller erreichen, da das Genehmigungsverfahren entfällt und er spart außerdem Kosten, da die Gebühren für das Genehmigungsverfahren ebenfalls entfallen. Der Lösungsansatz, Vertrauen statt Misstrauen, ist einer der wirkungsvollsten Ansätze zum Abbau der Bürokratie. Er ermöglicht die Reduzierung und Vereinfachung der gesetzlichen Vorschriften und senkt den Aufwand bei den Kommunen und die Kosten beim Bürger. Erfolgreich kann dieser Ansatz aber nur sein, wenn das Vertrauen nicht missbraucht wird.

Zuständigkeitsverlagerung

Gerade in einer so schnelllebigen Zeit wie der unsrigen mit einem so rasanten technologischen Fortschritt müssen die Kommunen in der Lage sein, schnell und angemessen auf diese Veränderungen zu reagieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass den sich stets wandelnden Anforderungen der Bürger und der Wirtschaft an die Verwaltung Rechnung getragen werden kann und die Verwaltungsverfahren unter Nutzung der technischen Möglichkeiten so einfach wie möglich gestaltet werden können. Je größer die Handlungsspielräume der Kommunen sind, um so besser und schneller können sie auf Veränderungen reagieren. Eine sinnvolle Reaktion kann z.B. auch die Verlagerung der Zuständigkeit innerhalb der kommunalen Ebene sein. Die Kommunen begrüßen es deshalb außerordentlich, dass das Modellkommunen-Gesetz ihnen auch die Möglichkeit einräumt, in bestimmten Fällen selbst zu entscheiden, ob der Landkreis oder die kreisangehörige Gemeinde für die Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe zuständig sein soll.

Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung

Das Modellkommunen-Gesetz erweitert den kommunalen Handlungsspielraum. Die kommunale Ebene entscheidet selber, wie und durch welche Maßnahmen sie die Ziele des Gesetzgebers bzw. der Landesregierung erreichen will. Ebenso entscheidet sie selber, ob der Landkreis oder die Gemeinde die Aufgabe oder Maßnahme wahrnimmt. Diese Entscheidungen sind entweder vom Kreistag bzw. vom Rat zu treffen oder er gibt der Verwaltung Rahmen und Ziele vor. Dies bedeutet eine erhebliche Erweiterung der Entscheidungskompetenz des Kreistages bzw. des Rates. Sie entscheiden zukünftig z.B., wie der Bedarf an Schulgebäuden geplant werden soll, wo und in welcher Form Spielplätze errichtet werden, wie groß die Räume in Kindergärten sein sollen und sie entscheiden darüber, ob die Gemeinden zuständig sein sollen für Ausnahmeregelungen nach dem Ladenschlussgesetz oder die Genehmigung von Schützenumzügen. Die Stärkung des Kreistages bzw. des Rates bedeutet aber auch, dass damit die Bürger und Bürgerinnen mehr Einfluss haben auf staatliche Leistungen und Maßnahmen. Sie wählen die Kreistagsabgeordneten und Ratsmitglieder und bestimmen somit indirekt, auf welche Art und Weise staatliche Ziele erreicht werden sollen.

Modellprojekt - erste Schritte in eine neue Richtung

Die neuen Lösungsansätze des Modellkommunen-Gesetzes sollen zunächst in den Landkreisen Emsland, Osnabrück und Cuxhaven und ihren kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie in den Städten Lüneburg und Oldenburg für 3 Jahre ausprobiert werden. Die Vorschriften des Gesetzes, die sich bewähren, sollen dann für alle Kommunen gelten.
Der Modellcharakter bezieht sich aber auch noch auf einen anderen Aspekt. Zwar hat das Modellkommunen-Gesetz zunächst nur für relativ wenige gesetzliche Vorschriften diese neue Verfahrensweise zugelassen. Wenn aber der neue Ansatz zu einer Beschleunigung der Verfahren führt und zu einer geringeren Belastung der Bürger und der Wirtschaft sowie den Aufwand der Kommunen reduziert, dann sollen die neuen Handlungsspielräume auch auf andere gesetzliche Regelungen ausgedehnt werden. So gesehen stellt das Modellkommunen-Gesetz zunächst nur einen kleinen Schritt dar. Es ist aber ein Schritt in eine völlig neue und Erfolg versprechende Richtung.

Autor/in: PresseInformationsDienst des Landkreises Cuxhaven